Schmerztherapie mit Medikamenten

Schmerzen, Schmerztherapie mit Medikamenten bei Krebs

Bei einer Krebskrankheit, besonders beim Fortschreiten der Erkrankung Schmerztherapie, Schmerzen krebskommt oft zu starken Schmerzen. Lesen Sie hier über die verfügbaren Schmerzmedikamente für Schmerztherapie

Von Tumorschmerzen sind circa zwei Drittel aller Krebspatienten betroffen. Die Schmerzen stören den Schlaf, mindern den Appetit, verhindern körperliche und geistige Aktivitäten, führen zu sozialem Rückzug, zu psychischer und physischer Erschöpfung, zur depressiven Stimmung.

Schmerzen können in jedem Stadium von Krebs auftreten. In fortgeschrittenen Stadien entwickeln 50 bis 70 Prozent aller Patienten mittlere bis starke Schmerzen.

Patienten die an Leukämie oder Lymphomen erkrankt sind bekommen seltener Schmerzen, als Patienten, die an Bauchspeicheldrüsenkrebs oder Knochenkrebs leiden.
Besonders oft treten Schmerzen bei Brustkrebs und Prostatakrebs Patienten, wenn der Tumor in Knochen Metastasen gebildet hat.

Für die Schmerzempfindung sind meistens die Schmerzrezeptoren verantwortlich.
Für einen neuropathischen Schmerz ist der Druck auf Nervengewebe verantwortlich. Diesen Schmerz tritt meistens bei Metastasen von Wirbelsäulen und strahlt aus nicht nur auf den Rücken.

Die Schmerzrezeptoren bestehen aus feinen Nervenendigungen, Rezeptoren im peripheren Nervensystem. Sie befinden sich im Bereich der Haut, der Muskulatur, der Knochenhaut, der Gelenke und der Oberflächen von inneren Organen.

Auf eine Reizung reagieren die Schmerzrezeptoren mit elektrischen Impulsen, die entlang der Nervenfasern bis zu Nervenumschaltstellen (Synapsen) im Rückenmark geleitet werden.
Von dort werden sie ins Gehirn weitergeführt, in der Großhirnrinde werden sie als Schmerz wahrgenommen.

Wenn die Schmerzen dauern länger als sechs Monate an, spricht man allgemein von chronischen Schmerzen. Sie verlangen eine Dauertherapie und werden anders therapiert als akute schmerzen.

Bei einer Gewebeschädigung durch Krebs kommt manchmal außer Schmerzreiz zu Entstehung von lokalen Entzündungen.
Durch freiwerdende Entzündungsstoffe werden die Schmerzrezeptoren empfindlicher, die Schmerzschwelle wird gesenkt. In diesem Fall sind Entzündungshemmende Medikamente sehr wirksam.

Die meisten Schmerzmedikamente (Analgetika) wirken nicht nur an den Schmerzrezeptoren und in deren Umgebung, sondern sie hemmen auch an den Schaltstellen im Rückenmark die zentrale Weiterleitung der Schmerzimpulse.

Tipp: Um eine erfolgreiche Schmerztherapie zu bekommen, am besten einen Schmerzenarzt, also einen Schmerztherapueten besuchen

 

Medikamente für Schmerztherapie bei Krebs

Nicht-opioidhaltige Schmerzmittel

Diese Medikamente haben eine gute schmerzbefreiende Wirkung bei Knochenschmerzen aufgrund von Knochenmetastasen und bei entzündlichen Begleiterscheinungen.

Werden diese Medikamente ausreichend hoch dosiert und regelmäßig verabreicht, sind sie ausgezeichnete Basisschmerzmittel für eine Vielzahl von Tumorpatienten mit mäßig starken und teilweise auch starken Schmerzen.
Diese Medikamente wirken nur dann dauerhaft schmerzlindernd, wenn sie ausreichend hoch dosiert und die Zeitabstände zwischen den Medikamentengaben nicht zu lang sind.

Die Nebenwirkungen betreffen überwiegend den Magen-Darm-Trakt, sehr selten das blutbildende System. hat Wirkstoff Metamizol und Paracetamol haben kaum Nebenwirkungen Bezogen auf den Magen-Darm-Trakt.
Diclofenac und Ibuprofen machen Schäden an den Nieren, am Magen-Darm-Trakt und am Herzen.

Acetylsalicylsäure: z.B. Aspirin, ASS-ratiopharm

Mittlere schmerzlindernde und fiebersenkende Wirkung leichte entzündungshemmende Wirkung Besonders geeignet bei Knochenschmerzen.
Häufige Nebenwirkungen im Magen-Darm-Trakt
Einnahme im 4 Std. Zeitabstand

Metamizol: z.B. Novalgin, Novaminsulfon

Starke schmerzlindernde und fiebersenkende Wirkung, leichte entzündungshemmende Wirkung
Sehr selten Nebenwirkungen im blutbildenden System.
Verboten bei Knochenmarksschädigung.

Sehr selten allergische Reaktionen. Wichtigstes Nicht-Opioid in der Tumorschmerztherapie, besonders bei krampfartigen Schmerzen.
Einnahme im 4 Std. Zeitabstand
Metamizol wird oft zusammen mit Opiaten, z.B. Tilidin angewendet

Diclofenac: z.B. Voltaren

hat eine entzündunghemmende, schmerzlindernde und fiebersenkende Wirkung.
Leichte  bis mittlere schmerzlindernde Wirkung.
Wird oft bei reumatischen Schmerzen verwendet, zum Beispiel bei Gelenk- und Muskelschmerzen.
Wirkungseintritt variiert zwischen einer halben und zwei Stunden und dauert sechs bis acht Stunden.

Ibuprofen

Mittlere schmerzlindernde Wirkung, starke entzündungshemmende und schwache fiebersenkende Wirkung.
Nebenwirkungen: im Magen-Darm-Bereich und selten im blutbildenden System. Selten auch Schwindel, Müdigkeit.
Vorsicht bei eingeschränkter Nierenfunktion!
W

Celecoxib: z.B. Celebrex

Mittlere schmerzlindernde Wirkung, starke entzündungshemmende und schwache fiebersenkende Wirkung
Mögliche Nebenwirkungen im Magen-Darm-Bereich
Einnahme im 12 Std. Zeitabstand

Opioidhaltige Schmerzmittel

Opioide, auch bezeichnet als Hypnoanalgetika, Narkoanalgetika, narkotisierende Analgetika, Opiate, Opioidanalgetika sind opiumhaltige Arzneimittel.

Für die meisten Opioide gibt es keine Höchstdosis um die Schmerzen zu lidern.

Im Gehirn, im Rückenmark, aber auch in anderen Körperorganen befinden sich so genannte Opioid-Rezeptoren, Wenn die opiodhaltige Schmermittel mit diesen Rezeptoren kontaktieren, werden die Schmerzimpulse gedämpft oder ganz unterbunden, die Schmerzen werden vorübergehend ausgeschaltet.

Im Vergleich mit anderen Schmerzmitteln führen Morphin-Medikamente kaum zu Magengeschwüren, Blutbildveränderungen, Leber- oder Nierenschädigungen.

Opiode und Testosteronmangel

Fast alle Patienten haben nach einer dreimonatigen Opioidtherapie einen Testosteronmangel.
Bei einer längeren Therapie müsse der Testosteronspiegel überprüft und gegebenenfalls eine Substitution initiiert werden.
Ab 200 mg Morphinäquivalent erhöht sich zudem das Risiko für eine zentrale Schlafapnoe. Außerdem kommt es alters- und dosisabhängig häufiger zu Stürzen und Frakturen.

Schwach und mittelstark wirksame Opiate

Tilidin:
z.B. Valoron®-N retard, Findol N, Tilidin comp (retard), Targin

Mögliche Nebenwirkungen: Übelkeit, Erbrechen, Schwindelgefühl, anfänglich Müdigkeit
Einnahme im 12 Std. Zeitabstand

Tramadol:
z.B. Tramal® Tropfen /Kapseln / Zäpfchen, Einnahme je 2 bis 4 Std
Tramundin retard (teilbare Retard-Tabletten), Einnahme je 8 bis 12 Std
Nebenwirkungen: Übelkeit, Erbrechen, Schwitzen, Mundtrockenheit, selten Verstopfung

Codein, Dihydrocodein
z.B. DHC 60 / 90 / 120 Mundipharma (teilbare Retard-Tabletten)
Einnahme je 8 bis 12 Std
Mögliche Nebenwirkungen: Verstopfung, Übelkeit

Stark wirksame Opiate

Wenn eine stark wirkende Schmerztherapie notwendig ist werden stark wirksame Opiate angewendet

Morphin
Dosierung als Injektionslösung oder 30/60/100/150 mg Retard-Tabletten.
Mögliche Nebenwirkungen: Verstopfung, Übelkeit, Erbrechen, anfänglich Müdigkeit

Fentanyl
wird dem Schmerzpatienten als Pflaster verschrieben, das über mehrere Tage den Wirkstoff gleichmäßig abgibt.
Z.B. Fentanyl Matrixpflaster, Dosierung jede 2 bis 3 Tage
Als Lutschtablette, z.B. Actiq wirkt nur sehr kurz.
Fenantyl weist eine etwa 100-fache Wirkstärke auf Im Vergleich zum Bezugsstoff Morphin.

Bei einem Schmerzpflaster ist bei der erstmaligen Anwendung nach etwa zwölf Stunden ein ausreichend hoher Blutspiegel zu erwarten, so dass in diesem Zeitraum noch andere Schmerzmedikamente wie etwa Morphin gegeben werden müssen. Wird ein Schmerzpflaster entfernt, so ist das durch die Haut aufgenommene (resorbierte) Arzneimittel noch etwa zwölf Stunden wirksam.

Buprenorphin
z.B. TEMGESIC sublingual Tabletten, Transtec Schmerzpflaster
Mögliche Nebenwirkungen: Übelkeit, Erbrechen, anfänglich Verstopfung, Müdigkeit, Schweißausbrüche

Methadon
z.B. L-Polamidon Tropfen
Einnahme je 6 bis 12 Std, sehr individuell.
Mögliche Nebenwirkungen: Übelkeit, Erbrechen, anfänglich Müdigkeit

Hydromorphon
z.B. Jurnista, Palladon
Hadromorphon ist ein Abkömmling von Morphin.
Die Anfangsdosis Hydromorphon ratiopharm beträgt im Allgemeinen 4 mg alle 12 Stunden
Es wird vor allem auch bei älteren Patienten eingesetzt, weil es im Körper sehr schnell abgebaut wird und dadurch nebenwirkungsärmer ist als Morphin.
Seine analgetische Potenz ist 7,5-mal stärker als die von Morphin, von dem es sich ableitet.

Andere Opiate: Oxycodon und andere

Oxycodon, da es geringere neuropsychiatrische Nebenwirkungen wie Verwirrtheit oder Unruhe verursacht und zudem wenig Übelkeit und Erbrechen auftreten, wird insbesondere bei älteren Patienten bevorzugt .

TARGIN: Oxycodon wird oft zusammen mit Naloxon-hydrochlorid angewendet, zum Beispiel Targin in Tabletten Form.

Einzelne Patienten reagieren sehr unterschiedlich auf die jeweiligen Opiate. Wenn der Patienten mit Tumorschmerzen auf einen der Opiode nicht ausreichend anspricht, wird oft auf ein anderes umgestellt.
Ein Wechsel des Opioids bei Nonrespondern funktioniert sehr gut.

Cannabinoide

Neben Opioiden kommen auch Cannabinoide für die Schmerztherapie infrage.
In Deutschland gibt es derzeit nur Sativex® als Fertigarzneimittel.

In den USA haben sich von 1999 bis 2010 genau 13 US-Staaten entschlossen, Hanfpräparate als Schmerzmittel zuzulassen.

Mehr über Cannabinoide: => Cannabis

 

Fahrsicherheit und Schmerz

Ein krankheitsbedingter Schmerz führt zu einer deutlichen Verschlechterung der kognitiven Funktion und einer verminderten Spurtreue im Fahrtest. Eine schmerzbedingte Beeinträchtigung von Gedächtnisleistungen lässt sich erst bei höherer Schmerzintensität nachweisen.

Der Einfluss der Schmerzintensität bei Patienten mit chronischem Schmerz auf die Fahrsicherheit kann auf Grundlage der vorliegenden Daten nicht valide eingeschätzt werden. Neben dem Schmerz beeinträchtigen gerade bei diesen Patienten weitere Faktoren wie Alter, Depressivität, Angststörungen, Katastrophisieren und Fatigue die psychophysische Leistungsfähigkeit.

Fahrsicherheit und Opioide

Opioid-Anwendungen bei Gesunden führen zu unterschiedlich starken Beeinträchtigungen komplexer Leistungen. Jedoch können diese Erkenntnisse nicht auf eine Dauertherapie bei Schmerzpatienten übertragen werden.
In der Mehrzahl der Studien mit chronischen Schmerzpatienten konnte gezeigt werden, dass stabil mit retardierten Opioiden eingestellte Patienten in ihrem Leistungsbild Kontrollgruppen nicht unterlegen waren. Zumindest im Gruppenmittel kam es zu keiner relevanten Einschränkung der Fahrsicherheit.

Die Sicherung der Fahrsicherheit nach Opiode wurde in einer Reihe von Studien untersucht. Eine Dosiserhöhung um 30% innerhalb der ersten Woche nach Therapieanpassung führte zu deutlich eingeschränkten kognitiven Funktionen — danach war dieser Effekt aber nicht mehr nachweisbar. Andere Studien konnten zum Teil sogar eine Leistungsverbesserung unter optimierter Schmerztherapie nachweisen. 

Die Datenlage aufgrund publizierter Studien zeigt, dass bei stabil mit Opioiden eingestellten Patienten nicht grundsätzlich Einschränkungen der Fahrsicherheit zu erwarten sind. Deutlich werden aber auch die hohe Variabilität der Opioideffekte sowie weitere individuelle Faktoren (z. B. Schmerzintensität, Komorbidität, Komedikation), die letztlich eine Aussage immer nur auf individueller Basis ermöglichen.

Wann vom Führen eines Kraftfahrzeugs abgesehen werden sollte

Situationen,  aus ärztlicher Sicht wann vom Führen eines Kraftfahrzeugs abgesehen werden sollte:

  • Zu Beginn der Behandlung mit Opioiden, in der Einstellungsphase auf Opioide
  • Beim Wechsel des Opioids
  • Bei deutlicher Veränderung der Dosis (Erhöhung, Reduktion)
  • Nach Einnahme eines schnell wirksamen Opioids (z. B. in Tropfenform)
  • Wenn Alkohol getrunken wurde
  • Wenn eine allgemeine schlechte körperliche oder geistige Verfassung besteht

Der Begriff „stabile Einstellung“ ist bisher nicht hinreichend definiert. In der Praxis werden aus praktikablen Gründen häufig zwei Wochen als Grenzwert angewandt.

WHO- Stufenschema für Schmerzherapie

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfehlen für die therapeutische Schmerztherapie ein dreistufiges Schema:

  • Stufe I: geringe bis mäßige Schmerzen
    Behandlung mit nicht-opioidhaltigen Schmerzmitteln wie Acetylsalicylsäure oder Paracetamol, die überwiegend an den Schmerzrezeptoren wirken.
  • Stufe II: mittelstarke Schmärzen
    Behandlung mit schwächer wirksamen Opioiden wie Tramadol oder Tilidin
  • Stufe III: Starke Schmerzen
    Behandlung mit starken Opioiden wie Fentanyl, Buprenorphin oder Morphin.

 

Tab. 1

WHO-Stufenschema. Stufe 1: Nichtopioidanalgetika für anhaltende oder zunehmende Schmerzen

Substanz

Initialdosis

Zieldosis/24 h

Zeitintervall (h)

Beachten

Nichtsteroidale antiinflammatorische Substanzen (NSAID)

Metamizol

500–1000 mg

bis 5 g

4

Schwitzen, Übelkeit

Paracetamol

1000 mg

bis 4–5 g

4

Leberfunktion

Ibuprofen

400–800 mg

max. 2400 mg

4–8

Gastrointestinale

Diclofenac

50–75 mg

max. 150 mg

12

Nebenwirkungen

Koanalgetika

Trizyklische Antidepressiva

Amitriptylin

12,5–25 mg

bis 75 mg

12–24

Mundtrockenheit, Obstipation, Harnverhalt Herzrhythmusstörungen

Doxepin

10 mg

bis 75 mg

12–24

 

Selektive Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SSNRI)

Duloxetin

30 mg

60–120 mg

24

Initiale Übelkeit

Antikonvulsiva

Pregabalin

25–50 mg

150–600 mg

12

Müdigkeit,

Schwindel

Gabapentin

300 mg

1200–2400 mg

8

 

Tab. 2

WHO-Stufenschema. Stufe 2: Opioidanalgetika für leichte bis mittlere Schmerzen (plus Nichtopioidanalgetika plus Koanalgetika)

Substanz

Initialdosis

Zieldosis/24 h

Zeitintervall (h)

Wirkstärke vgl. mit Morphin

Tramadol

50–100 mg retard

600 mg

8–12

0,1

Tilidin/Naloxon

100 mg retard

600 mg

8–12

0,1

 

 

Tab. 3

WHO-Stufenschema. Stufe 3: Opioidanalgetika für mittlere bis starke Schmerzen (plus Nichtopioidanalgetika plus Koanalgetika)

Substanz

Initialdosis

Zieldosis/24 h

Zeitintervall (h)

Wirkstärke vgl. mit Morphin

Morphin

10–30 mg retard

Nach Wirkung/NW

12

1

Oxycodon

10 mg retard

Nach Wirkung/NW

12

1,5

Hydromorphon

4 mg retard

Nach Wirkung/NW

12

5

Buprenorphin

20–35 μg/h

Nach Wirkung/NW

84–96 Pflasterwechsel

75

Fentanyl

12,5–25 μg/h

Nach Wirkung/NW

72 Pflasterwechsel

100

Levomethadon

2,5 mg

Nach Wirkung/NW

6–8

Bei Dauertherapie nicht vorhersehbar

Ein Fentanylpflaster der Wirkstarke 25 μg/h entspricht ca. 60/d mg Morphin oral, der Umrechnungsfaktor Morphin oral: Morphin parenteral (i.v./s.c.) entspricht 3 : 1. 
Parenteral bedeutet die Gabe von Nährstoffen oder Substanzen durch Infusion.

 

Eine sorgsame Aufklärung des Patienten über die gewählte Therapie ist eine wesentliche Voraussetzung für deren Erfolg

Eine sorgsame Aufklärung des Patienten über die gewählte Therapie und der zu erwartenden Nebenwirkungen stellt — gerade in Anbetracht immer noch verbreiteter Ängste gegenüber einer Opioidtherapie („Opioidmythos“: Sucht, rasche Toleranzentwicklung, „Betäubung“) — eine wesentliche Voraussetzung für den Erfolg der Therapie dar.

Opioide, Opiate

Die European Association of Palliative Care (EAPC) bezeichnet in Empfehlungen von 2012 für Schmerztherapie neben Morphin, das bisher als primäres Referenzopioid angesehen wurde, neuerdings auch Oxycodon und Hydromorphon als Opioide der ersten Wahl. Die Unterschiede zwischen den Opioiden basieren auf unterschiedlicher Rezeptoraffinität. Die Inzidenz oder der Schweregrad von UAW (insbesondere Übelkeit, Erbrechen, Sedierung, Verwirrtheit, Pruritus) kann sich signifikant verändern, wenn ein Opioid mit anderer Affinität eingenommen wird. Die Wahl des Opioids richtet sich daher in erster Linie nach der individuellen Verträglichkeit und Organdysfunktion sowie der geeigneten Applikationsform. Eine grundsätzliche Bevorzugung der einen oder anderen Substanz ist auf wissenschaftlicher Basis nicht begründbar.

Neben Morphin werden nun auch Oxycodon und Hydromorphon als Opioide der ersten Wahl empfohlen

Morphin. Morphin liegt in zahlreichen Darreichungsformen vor. Die Hauptmetaboliten von Morphin sind Morphin-3-Glucuronid (M3G) und Morphin-6-Glucuronid (M6G). M6G bindet an Opioidrezeptoren und trägt erheblich zur analgetischen Wirkung von Morphin bei. Bei renaler Insuffizienz erhöht sich die Halbwertszeit von M6G mit entsprechender Gefahr einer kumulativen Toxizität. In dieser Situation muss eine Dosisreduktion erfolgen. Eine Alternative ist Hydromorphon, dessen Hauptmetabolit Hydromorphon-3-Glucuronid ein geringeres neurotoxisches Potenzial zu haben scheint. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass die diesbezügliche Studienlage sehr limitiert ist und primär auf pharmakodynamischen Überlegungen basiert.

Oxycodon. Oxycodon ist als Retardpräparat verfügbar, das die Substanz in 2 Phasen freisetzt. Die initiale rasche Freisetzung führt zu einer früh einsetzenden Analgesie, während die folgende langsame Freisetzung eine Wirkdauer bis zu 12 h ermöglicht.

Transdermal freisetzendes Opioid. Insbesondere bei Schluckstörungen kann ein transdermal freisetzendes Opioid (Fentanyl, Buprenorphin) gewählt werden. Auch bei Patienten, die unter starker Obstipation leiden oder ein Pflaster deutlich präferieren, kann ein transdermales Präparat als initiales Stufe-3-Opioid sinnvoll sein. Fentanyl und Buprenorphin sind aufgrund ihrer geringen Metabolitenbildung auch für Patienten mit stark eingeschränkter Nierenfunktion (glomeruläre Filtrationsrate <30ml/min) geeignet. Es sollte dennoch eine niedrige Anfangsdosis gewählt werden.

Levomethadon. Levomethadon ist ein synthetisches starkes Opioid, das aufgrund seiner pharmakologischen Eigenschaften ein hilfreiches Opioid der zweiten Wahl in der palliativen Behandlung darstellt. Neben dem μ-Opioidrezeptor-Agonismus wirkt es als N-Methyl-D-Aspartat(NMDA)-Rezeptorkanal-Blocker. Weiterhin führt die Substanz zu einer präsynaptischen Serotonin-Wiederaufnahmehemmung. Aufgrund des Wirkprofils können mit geringen Levomethadon-Dosierungen (z. B. 3-mal 2,5 mg) vor allem neuropathische Schmerzen wirkungsvoll gelindert werden. Das hohe Verteilungsvolumen und die hohe Proteinbindung (60–90%) bedingen jedoch eine sehr lange Halbwertszeit (bis zu 75 h). Die daraus resultierende Kumulation ist potenziell ein Problem, daher sollte die Substanz nur von schmerztherapeutisch erfahrenen Ärzten eingesetzt werden. Zur Minimierung des Risikos ist eine vorsichtige Dosistitration mit Bedarfsdosierungen empfehlenswert.

Opioidtitration und Wechsel der Darreichungsform

Voraussetzung für eine erfolgreiche Opioidtherapie ist die Dosisfindung. Die gewählte Startdosis ist je nach Schmerzlinderung so anzupassen, dass für den Patienten ein zumindest gut erträgliches Schmerzniveau erreicht wird. Essenziell hierfür ist die Verordnung einer Bedarfsmedikation in Form eines schnell freisetzenden Opioids (s. Durchbruchschmerz). In Abhängigkeit von der Gesamtdosis der zusätzlich zur Basistherapie verabreichten Bedarfsmedikation wird eine orale oder parenterale Basistherapie dementsprechend täglich in Schritten von ca. 25–50% gesteigert — im Einzelfall bis 100%.

Dabei sollte keine Begrenzung der Dosis nach oben stattfinden, außer wenn nichttolerierbare UAW auftreten. Insbesondere bei exazerbierter Schmerzsituation, in der eine schnelle Schmerzkontrolle notwendig ist, ist die parenterale Dosisfindung mittels intravenöser Applikation (ggf. in Form einer patientenkontrollierten Analgesie, PCA) vorzuziehen.

Die Entwicklung einer opioidbedingten Hyperalgesie ist in der Tumorschmerztherapie ein eher seltenes Phänomen. Hinweise ergeben sich vor allem aus einer raschen Dosiseskalation, die sich nicht durch einen Progress der Erkrankung oder Wirkverlust des Opioids erklären lässt. Ursächlich kann eine Desensibilisierung von Opioidrezeptoren vorliegen, nachdem es zu einer Entkoppelung von G-Proteinen gekommen ist. Daneben kann eine Aktivierung von NMDA-Rezeptoren an spinalen Hinterhornneuronen vorliegen. Außerdem können aus dem Hirnstamm absteigende „fazilitierende“ (die Schmerzwahrnehmung verstärkende) Systeme vermehrt aktiv sein. Als Konsequenz ist in erster Linie eine deutliche Reduktion (bis 25%) der Opioiddosis indiziert, ferner ist ein Opioidwechsel (s. unten) in Betracht zu ziehen sowie ggf. die zusätzliche Gabe von Calciumkanalmodulatoren (z. B. Gabapentin/Pregabalin) oder von NMDA-Rezeptor-Antagonisten (z. B. Ketamin).

Opioidwechsel

Der Wechsel eines Opioids ist dann indiziert, wenn hohe Dosierungen eines starken Opioids zu keiner ausreichenden Schmerzreduktion oder zu starken Nebenwirkungen führen. Ein Wechsel auf einen anderen μ-Liganden zeigt häufig eine verbesserte Schmerzreduktion mit Verringerung der Nebenwirkungen; die Erfolgsraten liegen zwischen 40% und 80%.

Pathophysiologische Grundlage ist die hohe individuelle Variabilität gegenüber verschiedenen μ-Agonisten und das Phänomen der inkompletten Kreuztoleranz gegenüber analgetischen und nichtanalgetischen Opioideffekten. Aus diesem Grund können die zur Verfügung stehenden Umrechnungstabellen (s. Tab. 3) nur sehr grobe Anhaltspunkte geben. In jedem Fall sollte individuell neu titriert werden und zur Dosisfindung eine bedarfsweise Gabe eines nichtretardierten Opioids, z. B. mittels PCA, erfolgen. Grundsätzlich ist eine Dosisreduktion des neuen Opioids um ca. 25–50% zu empfehlen.

Koanalgetika

Koanalgetika sind Pharmaka, die nicht primär als Analgetikum verwendet werden, jedoch unter spezifischen Gegebenheiten eine Schmerzlinderung bewirken. Sie können mit jeder Stufe des WHO-Stufenschemas kombiniert werden, die alleinige Gabe ist nicht sinnvoll. Gerade bei therapieresistenten peripher oder zentral bedingten neuropathischen Schmerzsyndromen mit meist brennenden Dauerschmerzen und schmerzhaften Dysästhesien ist der Einsatz von Koanalgetika, wie z. B. niedrig dosierten trizyklischen Antidepressiva oder Antikonvulsiva, indiziert. NMDA-Rezeptor-Blocker wie Ketamin, Kortikosteroide, Bisphosphonate, Spasmolytika (z. B. Butylscopolamin) und Muskelrelaxanzien sind weitere Beispiele für Substanzen, die in spezifischen klinischen Situationen ergänzend eingesetzt werden können.

Koanalgetika können mit jeder Stufe des WHO-Stufenschemas kombiniert werden

Trizyklika. Trizyklika wirken u. a. als Natriumkanalblocker und können das Auftreten ektoper Aktionspotenziale an geschädigten Nerven im Sinne einer neuropathischen Schmerzkomponente reduzieren. Die analgetische Wirkung der Antidepressiva vom Typ der Serotonin/Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer beruht auf der Verstärkung absteigender Schmerzhemmsysteme über eine Wiederaufnahmehemmung vor allem von Noradrenalin.

Laxanzien sollten bei jeder Opioidtherapie prophylaktisch verordnet werden

Antikonvulsiva. Antikonvulsiva wirken schmerzlindernd zumeist über eine Blockierung von Natrium- oder Modulation von Calcium-Kanälen und führen u. a. indirekt über eine verminderte spinale Freisetzung von Glutamat zu einer verminderten Erregung zentraler Schmerzneurone im Hinterhorn des Rückenmarks. Im Fall einer Axonschädigung zeigen tierexperimentelle Untersuchungen eine Überexpression von Natriumkanälen in noch gesunden, proximalen Nervenabschnitten als morphologisches Korrelat für eine ektope Erregungsentstehung dort (s. Abb. 1). Antikonvulsiva vom Typ der Natriumkanalblocker (z. B. Carbamazepin, Phenytoin) können die Entstehung solcher Impulse vermindern und so zu einer Schmerzlinderung beitragen.

Calciumkanalmodulatoren. Calciumkanalmodulatoren (z. B. Gabapentin oder Pregabalin) wirken an der Übertragungsstelle der peripheren Nervenendigung auf spinale Hinterhornneurone („wide dynamic range neurons“, WDR-Neurone), sodass es dort zu einer verminderten Freisetzung des erregenden Neurotransmitters Glutamat und damit zu einer verringerten NMDA-Rezeptor-vermittelten Aktivierung der WDR-Neurone kommt.

NMDA-Rezeptor-Antagonisten. Ähnliche Effekte erzielen NMDA-Rezeptor-Antagonisten wie Ketamin oder Levomethadon, wobei letztgenannte Substanz gleichzeitig auch als μ-Opioidrezeptor-Agonist wirksam ist und so auch zu einer effektiveren Funktion von aus dem Hirnstamm absteigenden Schmerzhemmsystemen beiträgt.

Kortikosteroide und Bisphosphonate. Auch Kortikosteroide werden bei neuropathischen Schmerzen in palliativen Situationen häufig ergänzend eingesetzt. Die Wirkweise beruht auf einer Schmerzlinderung durch Reduktion des peritumorösen Ödems. Bei Knochenschmerzen, die durch Metastasierung ausgelöst werden, kann die Osteoklastenaktivität durch Bisphosphonate gehemmt werden.

Behandlung von opioidbedingten Nebenwirkungen

Die Evidenzlage bezüglich der Therapie opioidinduzierter Übelkeit und Erbrechen ist sehr limitiert, die Empfehlungen beruhen vor allem auf klinischer Erfahrung (Expertenwissen) und stützen sich auf eingeschränkte Evidenz. Antidopaminerge Substanzen (z. B. Haloperidol, Levomepromazin) und andere Substanzen (vor allem Metoclopramid) werden seit vielen Jahrzehnten in der Palliativmedizin mit guter Erfahrung eingesetzt.

Laxanzien sollten bei jeder Opioidtherapie prophylaktisch verordnet werden. Es gibt keine Evidenz, nach der ein Laxans gegenüber anderen zu bevorzugen ist. Eine therapieresistente Obstipation sollte mit einer Kombination aus Laxanzien mit unterschiedlichem Wirkmechanismus behandelt werden. Bei unzureichendem Ansprechen auf herkömmliche Laxanzien soll eine subkutane Methylnaltrexon-Injektion in Erwägung gezogen werden, um die Wirkung der Opioide zu antagonisieren.

Behandlung des Tumordurchbruchschmerzes

Durchbruchschmerz („breakthrough pain“, BTP), auch als episodischer Tumorschmerz bezeichnet, kann neben spontanen Auslösern bei ereignisabhängigen, vorhersehbaren Situationen wie Bewegung auftreten oder auch durch unvorhersehbare Auslöser wie z. B. Husten oder Niesen entstehen. Er muss von einer unzureichenden Behandlung des Dauerschmerzes („end of dose failure“) unterschieden werden, der an regelmäßiger Schmerzzunahme vor der nächsten Medikamenteneinnahme erkennbar ist und eine Dosisanpassung erforderlich macht.

Für die Praxis gilt, dass neben einem retardierten Opioid zur Behandlung der Dauerschmerzen stets auch eine unretardierte Zubereitung eines Opioids für den BTP verordnet werden soll.

Die Anforderungen an Medikamente zur Behandlung des BTP sind:

  • möglichst schneller Wirkungseintritt,

  • praktikabel und nichtinvasiv anwendbar,

  • nebenwirkungsarm,

  • wirtschaftlich und

  • selbstständig vom Patient anwendbar.

Der BTP ist durch einen plötzlich einsetzenden und schnellen Anstieg der Schmerzstärke charakterisiert und kann wenige Minuten bis zu einigen Stunden anhalten. Zur Behandlung stehen zahlreiche Präparate mit unterschiedlicher Galenik zur Verfügung. Die „konventionellen“, nichtretardierten Opioide („short acting opioids“, SAO) besitzen pharmakokinetische Eigenschaften, die einen Wirkeintritt frühestens nach 15 min ermöglichen und erst nach 30–60 min das Wirkmaximum erreichen. Die Entwicklung alternativer Applikationsformen, wie einer transmukosalen Verabreichung des lipophilen Fentanyls, eröffnet neue Behandlungsoptionen. Zwei Gruppen sind zur oralen und nasalen Applikation auf dem Markt, die sich durch schnellen Wirkeintritt (5–15 min) und kürzere Wirkdauer auszeichnen („rapid onset opioids“, ROO). In den vorliegenden, in der Regel industriegesponserten vergleichenden Studien schneiden ROO statistisch signifikant besser ab als SAO. Die absoluten Unterschiede sind jedoch vielfach relativ gering, sodass die klinische Relevanz unsicher ist und eine Erstlinientherapie mit SAO weiterhin empfohlen werden kann. Vor allem bei Patienten mit sehr kurz andauernden Schmerzspitzen mit schnellem Punctum maximum können ROO eine pharmakologisch günstige Alternative sein. Die Indikation besteht nur für opioidgewohnte Patienten und sollte vor dem Hintergrund des Abhängigkeitspotenzials und möglichen Missbrauchs sowie der hohen Kosten streng gestellt und überwacht werden. Es gilt weiterhin, die Schmerzen mit retardierten Opioiden so einzustellen, dass ein BTP möglichst selten auftritt.

Auf dem Markt sind für alle retardierten Opioide auch schnell freisetzende Darreichungsformen erhältlich. Die Dosierung zur Behandlung des BTP beträgt 1/6 (bis 1/10) der Tagesdosis bei oraler Applikation, parenteral beträgt die Dosis bei Morphin und Hydromorphon 1/3 der oralen Bedarfsdosis. Bei transmukosaler Verabreichung von Fentanyl muss dagegen die Dosis individuell durch Titration ermittelt werden.

Schmerztherapie in der Terminalphase

Mit Eintritt in die Terminalphase der Erkrankung muss die bisherige Schmerztherapie sorgfältig im Hinblick auf die veränderte Stoffwechselsituation und die Applikationsform überprüft werden. Leber- und Nierenversagen können, wenn sich der Zeitraum über mehrere Tage erstreckt, zur Akkumulation von toxischen Metaboliten und entsprechenden Nebenwirkungen (z. B. Myoklonien oder delirantes Syndrom) führen, wenn die Dosis nicht angepasst wird.

Orale Opioide sollten in dieser Phase bei Schluckstörungen nicht mehr auf transdermale Systeme umgestellt werden, da die korrekte Dosisfindung durch die Trägheit der Pflastersysteme in dieser Situation schwierig ist. Stattdessen sollten dosisäquivalente subkutane Opioidgaben entweder kontinuierlich über Pumpe oder — insbesondere im ambulanten Bereich — in regelmäßigen 4-stündlichen Abständen erfolgen. Dies kann bei liegendem „Butterfly“ auch von den Angehörigen übernommen werden.

Invasive und neurodestruktive Therapieoptionen

Parenterale Zufuhr

Die Gabe von Analgetika und Adjuvanzien in der Palliativmedizin sollte nach Möglichkeit peroral nach festem Zeitschema und in Form lang wirksamer Präparate erfolgen. Dennoch kann in besonderen Situationen eine parenterale Zufuhr erforderlich sein. Insbesondere wenn nicht auf ein Portsystem zurückgegriffen werden kann, ist eine subkutane Zufuhr (Butterflykanüle) beispielsweise im Bereich der Bauchhaut oder des Oberschenkels möglich und nicht schmerzhaft. Auch hier lassen sich tragbare Pumpensysteme anschließen. Die Nadel kann, unter sorgfältiger Beobachtung der Injektionsstelle (transparentes Pflaster) mehrere Tage bis zu einer Woche verbleiben. Die subkutane Gabe von Morphin oder Hydromorphon sollte die erste Alternative sein, bei kontinuierlicher Applikation empfiehlt sich eine Rate von 2 ml/h. Ist die subkutane Applikation aufgrund von Ödemen, Gerinnungsstörungen, hoher Injektionsvolumina oder schlechter peripherer Durchblutung nicht sinnvoll, sollte die intravenöse Applikation erfolgen.

Eine subkutane Zufuhr ist im Bereich der Bauchhaut oder des Oberschenkels möglich

Periduralkatheter

Verfahren zur rückenmarknahen Opioidtherapie sind in der Tumorschmerztherapie heute in den Hintergrund getreten, können im Einzelfall jedoch in therapeutisch komplexen Situationen ein entscheidender Schlüssel zur Schmerzlinderung sein. Durch die peridurale Injektion von Lokalanästhetika und Opioiden wird in den abhängigen Körperregionen eine potente Anästhesie bzw. Analgesie erzeugt. Durch kontinuierliche Zufuhr (Spritzenpumpe) sowie durch Modifikation der Dosis bzw. der Konzentration ist eine bedarfsadaptierte Therapie möglich. Als Ultima Ratio kann die Opioidwirkung durch Zugabe von Clonidin, Ketamin oder Dexamethason zur periduralen/intrathekalen Injektion verstärkt werden. Indikationen hierfür können nicht beherrschbare Schmerzen, zunehmende Dosiseskalation ohne ausreichenden schmerzreduzierenden Effekt, intolerable UAW und bei therapierefraktärer Obstipation die Nutzung des sympathikolytischen Effekts sein.

Leber- und Nierenversagen können zu toxischen Nebenwirkungen führen

Die Opioiddosis wird im Vergleich zur oralen Dosis um den Faktor 10 vermindert. Bei der Anlage des Periduralkatheters wird der Katheter von der Punktionsstelle aus nach lateral einige Zentimeter subkutan geführt (untertunnelt), um das Infektionsrisiko zu mindern. Die Liegedauer solcher Katheter kann Tage bis hin zu einigen Wochen betragen. In ähnlicher Weise lässt sich auch bei längerem Bedarf ein intraspinaler Katheter einführen. Die benötigte intrathekale Opioidmenge ist nochmals gegenüber dem Periduralkatheter um den Faktor 10 vermindert, sodass systemische (Neben-) Wirkungen weiter reduziert werden. Die Zufuhr erfolgt über regelmäßige Bolusgabe oder kontinuierlich über eine Spritzenpumpe.

Für das Peridural- und Spinalkatheterverfahren besteht die Möglichkeit, eine tragbare Pumpe anzuschließen, sodass die Mobilität des Patienten nicht wesentlich beeinträchtigt ist. Vereinzelt ist auch die rückenmarknahe Applikation eines Lokalanästhetikums indiziert, wobei eine motorische Einschränkung im Ausbreitungsgebiet auftreten kann. Daher müssen Nutzen und Risiko gegeneinander abgewogen werden.

Bei längerfristiger Prognose (über Monate hinaus) lässt sich das intraspinale System zusammen mit einer implantierbaren Opioidpumpe vollständig subkutan legen, womit das Infektionsrisiko deutlich verringert wird. Aufgrund des operativen Eingriffs und der Kosten für das Pumpensystem (Gasdruckpumpe) sollte eine Prognose von mehr als 6 Monaten wahrscheinlich sein. Die Befüllung der Pumpe erfolgt in mehrwöchigen Abständen in spezialisierten Einrichtungen.

Plexus-coeliacus-Neurolyse

Die neurolytische Blockade des Plexus coeliacus stellt bei medikamentös unzureichend kontrollierbaren Schmerzen, insbesondere beim Pankreaskarzinom wie auch bei anderen Tumoren oder Metastasen des Oberbauchs, eine Alternative dar. Hierbei wird ein Gemisch aus absolutem Alkohol mit einem Lokalanästhetikum — üblicherweise unter computertomographischer Kontrolle — in das Plexusgeflecht injiziert. Die Wirkung kann einige Monate anhalten, eine Wiederholung ist möglich. In jüngerer Zeit wird über endoskopisch-sonographische Verfahren berichtet, die weniger invasiv sind, aber hohe Anforderungen an Fertigkeiten und Geräteausstattung stellen.

Neurochirurgische Verfahren

Die perkutane zervikale Chordotomie ist die Ultima Ratio bei einseitigen therapierefraktären Schmerzen. Hier werden durch Einbringen einer feinen Thermosonde in den Tractus spinothalamicus auf Höhe der oberen Zervikalsegmente die Schmerz- und Temperaturempfindung für eine Körperseite mittels Hochfrequenzläsion unterbrochen. Der Patient ist bei dem Vorgehen wach bzw. leicht sediert, sodass er Angaben zur korrekten Lage der Sonde machen kann. Das Verfahren wird als Ultima Ratio bei begrenzter Lebensdauer nur noch selten eingesetzt und ist speziellen neurochirurgischen Zentren vorbehalten.

Ergänzende Therapieverfahren bei Schmerzen

Ergänzend zu der meist notwendigen systemischen Schmerztherapie sind zahlreiche andere Möglichkeiten und Methoden der Schmerzlinderung zu nennen:

  • Physikalische Therapie, Kälte und Wärme lokal angewendet (heiße Rollen, Cold und Hot Packs, Kirschkernkissen, Moorpackungen u. a.),

  • Lagerungsmaßnahmen, speziell angefertigte Polsterungen, Sitzkissen,

  • Durchführung von Bewegungsübungen,

  • relaxierende Verfahren,

  • Einreibungen, Lymphdrainagen, Atemtherapie,

  • Entspannungstechniken, z. B. progressive Muskelrelaxation (PMR), autogenes Training (AT).

Nicht zuletzt müssen psychotherapeutische Maßnahmen einbezogen werden, sei es in Form einer kurzfristigen Krisenintervention oder verhaltenstherapeutischen Begleitung und eventuell auch Unterstützung von Bezugspersonen. Dies kann nachhaltige Auswirkung auf das Auftreten und die Modulation von Schmerzsymptomen (im Sinne eines Circulus vitiosus) wie Schmerz, Angst, Schlafstörung, Depression haben.

In der palliativen Situation muss die Multidimensionalität des Schmerzerlebens berücksichtigt werden

Quelle:
Ausgabe 11/2015: Tumorschmerz in der Palliativmedizin,  Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015

Keywords: Schmerztherapie, Schmerzen, Krebs, Medikamente, Opiate, Methadon

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2 Kommentare

  1. Joachim Hussing

    Vielen Dank, dass Sie diesen Artikel über die medikamentöse Schmerztherapie zur Verfügung stellen. Meine Frau hatte in der letzten Woche sehr starke Schmerzen. Ich mache mir Sorgen über ihren Zustand, deshalb werde ich nach einem Arzt suchen, mit dem wir uns treffen können, um die Schmerztherapie zu besprechen.

  2. Guten Tag,
    diese Seite ist sehr aufschlussreich für mich. Ich habe nach RPE in 7/2000 Metastasen auf dem Skelett. Bisher schmerzfrei.
    Ich bin mir nicht sicher, ob sie nur ein feedback auf ihre Seite möchten!? Oder möchten sie mehr Details zu meinem Krankheitsverlauf und Status? Sicher sind viele Männer in vergleichbaren Situationen und möchten wissen, was andere getan haben und welche Ergebnisse und Erkenntnisse dabei herauskamen.
    Zu mir kann ich sagen, dass ich zu keinem Zeitpunkt der Krankheit in Angstzustände verfallen bin. Das ist bisher sehr hilfreich gewesen und wird auch so bleiben.
    Freundliche Grüsse vom 1946 geborenen Joachim Talman.

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